Bedeutung zu. Die Teilnehmenden eignen sich in der Qualifizierung Evaluations- techniken an, um als Prüfer:innen oder Bewerter:innen aktiv werden zu können. Darüber hinaus sollten sie bereits in die- ser Lernphase die Kompetenz der Selbst- evaluation erwerben. Sie ist deshalb von grundlegender Relevanz, weil sowohl Prüfende als auch Bewertende bei ihrer Arbeit Wahrnehmungsverzerrungen aus- gesetzt sind und aus diesem Grund ihr Handeln laufend hinterfragen sollten. Inhalte und Ablauf der Veranstaltung Die Struktur des Unterrichts muss voll- kommen plausibel und nachvollziehbar sein. Genauso wichtig ist es auch, den Teilnehmenden diesen logischen Aufbau zu verdeutlichen. Der Tipp, mit einer guten Einleitung zu beginnen, mit dem Hauptteil fortzufah- ren und einer Zusammenfassung abzu- schließen, mag nicht besonders originell klingen. Doch gibt es dazu m. E. keine Alternative. Auch bei kleineren Lernein- heiten sollte man immer diese Struktur beibehalten. Im Idealfall werden zu Beginn der Ver- anstaltungen genaue Aussagen dazu getroffen, was wann und wie anzuge- hen ist. Zur Transparenz gehören jedoch auch explizite Informationen darüber, was nicht vorgesehen ist. So ist der Rah- men der Veranstaltung klarer definiert, und es können möglicherweise einige Fragen der Teilnehmenden vorwegge- nommen werden. Faktor Zeit und das Problem der Taktung Zeitmanagement bedeutet für die meis- ten Lehrenden, den Stoff in einen vorge- gebenen Zeitrahmen hineinzupressen. Dafür nimmt man in Kauf, dass Pausen kürzer ausfallen oder das Tempo etwas angepasst wird. Oft wird die Taktung in den Veranstaltungen durch recht domi- nante PowerPoint-Präsentationen vor- gegeben, mit deren Hilfe Lehrende sich ihren Weg durch den Lernstoff bahnen. Das mündlich Vorgetragene ist meist in knapper Form auch auf den Folien schriftlich festgehalten, und als Zuhörer ist man geneigt, mitzulesen. Grafiken, Videos oder Soundeffekten anzureichern, um Aktivitäten in ver- schiedenen Hirnregionen hervorzurufen. Man könnte jedoch auf aufeinanderfol- gende Folien mit Text verzichten und die gesamte Präsentation in Form einer Zeitlinie durchführen. Auf dieser Linie – dem roten Faden – sind lediglich die einzelnen Abschnitte als Stationen farb- lich markiert. Mit jedem Klick auf der Tastatur erscheint die Überschrift des jeweiligen Abschnitts. Diese sollte sehr kurz sein und die Aufmerksamkeit der Teilnehmenden wecken. Neben einzel- nen Schlüsselwörtern kann man bei die- ser Vorgehensweise auch schematische Darstellungen einbauen. Diese Art der Präsentation hat den Vorteil, dass den Teilnehmenden keine Texte mehr prä- sentiert werden und sie stets den Lern- pfad und das Ziel im Blick haben. Bei der Software PowerPoint lässt sich dies mit der Funktion Morphen umsetzen. Natürlich sollte man bereits bei der Planung auf eine verträgliche Dosis des Lernstoffs achten. Darüber hinaus sollte man sich an Lernmodellen wie dem von Klaus Döring³ orientieren und an eine rezeptive Phase, in der Teilnehmende ca. 15 bis 20 Minuten „einatmen“, eine produktive Phase knüpfen, in der sie wieder „ausatmen“ können. Fokussierung, Defokussierung und Kontextualisierung Um den Teilnehmenden Anknüpfungs- punkte zu bieten und somit neue Infor- mationen mit bereits vorhandenen zu vernetzen, kann man Fachlandkarten einsetzen, die als Ausgangspunkt von Lernprozessen fungieren. Auf diesen kognitiven Karten sind die wichtigsten Informationen wie Abläufe, Akteure etc. sehr übersichtlich dargestellt. Dabei kann man an einigen Stellen auch bestimmte Informationen weglassen. In der ersten Stufe, der Fokussierungs- phase, bespricht man die Karte im Ple- num und macht die Teilnehmenden dar- auf aufmerksam, dass sie unvollständig ist. Anschließend geht man tiefer in die Materie, hinterfragt die Angaben und ergänzt sie. Wie wir aus Erfahrung wissen, gelingt es nicht immer, das Gesagte mit Bildern, Im zweiten Schritt – der Defokussierung – gilt es, diesen Fokus auszuweiten, um höhere Ebenen zu betrachten. Hierbei handelt es sich zunächst um die Meso- ebene mit den intermediären Strukturen (Organisationen, Bildungsinstitutionen, Sprachschulen etc.), in denen Prüfungen stattfinden. Danach werden die Berei- che der Makroebene (Politik, Behörden, Wirtschaft etc.) erarbeitet und ihre Ver- netzungen und Aufgaben besprochen. In der letzten Phase haben die Teilneh- menden im Rahmen der Kontextuali- sierung die Möglichkeit, das Thema aus verschiedenen Perspektiven zu betrach- ten und Zusammenhänge mit anderen Bereichen und Inhalten herzustellen. Ein Beispiel aus der Praxis So könnte man sich z. B. in einer Ver- anstaltung über Prüfungen zunächst auf das Handeln der Teilnehmenden und Prüfenden fokussieren. Danach könnte man die Institutionen vorstellen, anschließend (in der Makroebene) den Stellenwert von Prüfungen in unserer Gesellschaft thematisieren und Prüfun- gen als Instrument der Politik und Wirt- schaft beleuchten. Im Anschluss daran könnten die Teilneh- menden weitere Fachlandkarten anferti- gen, die die wechselseitigen Wirkungen auf verschiedenen Ebenen und in unter- schiedlichen Bereichen verdeutlichen. Fazit All diese Erkenntnisse haben wir bei der Konzeption unserer neuen Qua- lifizierungen berücksichtigt, die drei Phasen umfassen: eine angeleitete Vor- bereitungsphase, eine eintägige Prä- senzveranstaltung und eine nachgela- gerte Phase, in der die Lernenden ihren Lernprozess in eigener Regie fortsetzen können. So entstehen Freiräume für selbstständiges und kooperatives Ler- nen – ganz ohne Zeitdruck. Ferner kann die Präsenzzeit effizient genutzt werden, um das Gelernte anzuwenden, zu festi- gen und weiter auszubauen. 89